Wünsche für ein ganzes Leben (Melissa Hill)

Verlag Knaur, Mai 2009
Originaltitel: Wishful thinkin, übersetzt von Tina Thesenvitz
TB, 512 Seiten, € 6,00
ISBN 978-3426504529

Genre: Belletristik


Klappentext

Rosie vermisst verzweifelt ihren Mann, mit dem sie jahrzehntelang eine glückliche Ehe führte und dessen Tod sie alleine zurückließ. Dara ist eine erfolgreiche Anwältin und seit kurzem verheiratet. Eigentlich gibt es nichts, was ihr zum Glück noch fehlt - wäre da nicht Noah, ihre erste große Liebe, die sie nie vergessen hat. Louise träumt vom Reichtum und vom bequemen Leben - und setzt dafür ihr Glück aufs Spiel. Drei Frauen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, doch dann verknüpft ein tragisches Ereignis ihre Lebenswege auf unerwartete Weise.


Die Autorin

Melissa Hill stammt aus dem County Tipperary und lebt mit ihrem Mann und ihrem Hund in Ashford. Sie hat in verschiedenen Berufen gearbeitet und widmet sich heute voll und ganz dem Familienunternehmen in Wicklow. Bereits mit ihrem ersten Roman landete sie ganz oben auf den irischen Bestsellerlisten


Rezension

Ein Zugunglück in Dublin, ein Vorortzug ist entgleist, es gibt einige Tote und viele Verletzte. So dramatisch fängt die Geschichte an, bevor sie in eine Rückblende vier Monate früher richtig einsetzt. Aber kurz vor dem Unglück erfahren wir noch die Gedanken einer jungen Frau, die nicht zu spät zur Arbeit kommen möchte. Sie begegnet in dem Zug zwei weiteren Frauen – sind es wohl die drei Protagonistinnen? Denn Namen werden erst einmal keine genannt.

Rosie ist Mutter von zwei erwachsenen Kindern, deren Mann erst vor kurzem gestorben ist. Sie hat ihre Aufgabe im Leben schon immer darin gesehen, ihre Kinder glücklich zu machen und sie tatkräftig zu unterstützen. Als ihre Tochter Sophie sie nun erneut um eine Bankbürgschaft bittet, um ein Haus kaufen zu können, kann sie einfach nicht nein sagen. Obwohl sie nicht versteht, warum Sophie für sich, ihren Mann und ihre kleine Tochter so ein Riesenhaus braucht. Oder die vielen Reisen, den Sportwagen, die Designerklamotten, ein Kindermädchen und eine Haushälterin – wie wollen sie das alles bezahlen, eigentlich sollten sie doch kürzer treten und mal auf etwas verzichten. Als ihr Sohn David nach seiner gescheiterten Ehe wieder bei ihr einzieht, sich unmöglich aufführt und sie sich nach kurzer Zeit schon wie eine Fremde in ihrem eigenen Haus vorkommt, muss sie schmerzlich erkennen, dass wohl irgendetwas im Verhalten ihrer Kinder gewaltig schief läuft.

Dara ist eine junge Anwältin, die das vermeintliche Glück hat, ihre große Liebe zu treffen. Sie verstehen sich wunderbar, nur heiraten will er sie nicht. Viel lieber möchte er – wenn auch mit ihr zusammen – sein Leben genießen, reisen und Abenteuer erleben. Dazu passen einfach kein Haus und mögliche Kinder. Schweren Herzens trennt sich Dara von Noah, in dem Glauben, ihn nie wieder zu sehen. Nach einer ganzen Zeit lernt sie dann Mark kennen und heiratet ihn. Irgendwie kann sie die Gedanken an Noah aber nie verdrängen, heimlich vergleicht sie ständig die beiden Männer. Ist Mark wirklich nur die Zweitbesetzung in Daras Leben? Als Noah überraschend wieder auftaucht, spitzt sich die Lage dramatisch zu.

Louise ist eine einfache junge Frau, die sich nichts sehnlicher wünscht, als Freundinnen zu haben und von anderen gemocht zu werden. Sie arbeitet bei einem Kreditinstitut, bei dem auch ihre Freundinnen beschäftigt sind. Deren Leben besteht nur aus ausgehen, shoppen und Prominente aufstöbern. Louise will dabei sein, obwohl ihr Kontostand ihr suggeriert, vernünftig zu sein. Denn sie hat noch eine Menge Schulden, resultierend aus einem Unfall, an dem sie zwar keine Schuld hatte, die gegnerische Versicherung aber nicht alle Kosten abgedeckt hat. Und so stürzt sie sich ins angeblich glamouröse Leben und spielt ihrem neuen Freund Sam eine coole, hippe junge Frau vor, die sie eigentlich gar nicht ist. Sie merkt zwar, dass Sam nicht so sehr von ihrem angeblich teuren Leben begeistert ist, trotzdem entsteht eine enge Bindung zwischen ihnen beiden. Ist Sam wirklich an einem einfachen, verschuldeten Mädchen interessiert? Wie wird er wohl reagieren, wenn er irgendwann die Wahrheit erfährt?

Melissa Hill hat wieder einmal ein mitreißendes Buch geschrieben. Von Anfang an wird man förmlich in die Geschichte hineingesogen und mitten in das Leben von Dara, Rosie und Louise katapultiert. Auf den ersten Blick haben die drei Frauen nichts miteinander zu tun, aber nach und nach erkennt man ihre überraschenden Berührungspunkte. Man erkennt relativ schnell, was in deren Leben absolut nicht in den richtigen Bahnen verläuft und möchte ihnen eine große Portion Rückgrat verschaffen. Andererseits kann man sehr gut nachvollziehen, wie diese Frauen in ihre Probleme rutschen konnten. Ihre Sucht nach Anerkennung und Liebe bestimmt ihr Leben, sie haben nie gelernt, selbstbewusst zu werden. Könnte das wohl jedem von uns passieren? Es ist immer leicht, als Außenstehender zu sagen, welche Handlungen falsch und unvernünftig sind, ist man aber selber in der Situation, fällt es oft sehr schwer, die Reißleine zu ziehen und sich seine Fehler eingestehen. Vor allem, die möglichen Konsequenzen auszubaden, die oft nicht sehr angenehm für einen sind. Der Verlust von Freundschaft oder Liebe sind ein großes Opfer, steht man aber für seine eigenes Selbst ein, gewinnt man viel mehr – nämlich Selbstachtung. Und oft entpuppt sich dieses sehr viel gewichtiger als vermeintliche Liebe oder Anerkennung. Einzig Davids Wandlung am Ende war doch etwas übertrieben, ansonsten hat die Autorin auf eine erfrischende Art und Weise in die richtigen Bahnen gelenkt.


Fazit

Einfühlsam, fesselnd und realistisch zeigt Melissa Hill den Weg der drei Hauptfiguren. Sie sind nicht überzeichnet, sondern wirken sehr realistisch und überzeugend in ihrem Handeln. Menschen verleugnen durchaus ihre eigene Selbstachtung in dem Bestreben, Liebe oder Anerkennung zu erlangen. Genau das Richtige für einen schönen Sommerabend bietet das Buch einen kleinen Einblick in das Leben dreier irischer Frauen, die es nach und nach schaffen, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen.


Pro und Contra

+ stimmige Atmosphäre
+ vielschichtige Charaktere
+ normale Probleme
+ fesselnder Erzählstil
+ sympathische Personen
+ Spannung, wie die Probleme wohl gelöst werden

- die Charaktere geben manchmal zu sehr nach

Wertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4,5/5