Die Tochter des Salzsieders (Ulrike Schweikert)

Knaur Verlag (2007)
Seiten: 452, 8,95 EUR
ISBN: 9783426639382

Genre: Historik


Rezension

Zu Weihnachten bekam ich von meinem Bruder dieses Buch geschenkt, das ich mit etwas Skepsis hin und her drehte und dann erstmal beiseite legte, da ich den Klappentext nicht so interessant fand und historische Romane auch nicht so ganz meins sind. Aber Mann und auch Frau ist ja stets bemüht sich weiter zu entwickeln und so fand das Buch nun doch wieder in meine Hände.
Hauptakteurin ist die siebzehnjährige Anne Katharina Vogelmann, Mitglied einer angesehenen Salzsiederfamilie, und ihres Zeichens stets unzufrieden mit der Rolle die Frauen im 16. Jahrhundert zugedacht war. Ihr doch recht überblickliches Leben aus Sticken, Haushalt und Streitereien mit dem älteren Bruder, der seit dem Tod der Eltern der Familie vorsteht, gerät aus den Fugen, als sie eine Leiche findet und auf eigene Faust zu ermitteln beginnt.

Soweit zum groben Inhalt des Buches, das laut Einband sogar ein Bestseller war. Beim Lesen selbst zeichnete sich ein recht gemischtes Bild, da spannungsgeladene Szenen voller Intrigen und überraschenden Wendungen mit seitenlanger Langeweile wechselten, in der die Autorin einem ihr ganzes Fachwissen über die damalige Zeit vermitteln sucht –zwischen durch schwirrte mir regelrecht der Kopf von all den Namen, Personen und Salzsiedeprozessen. Natürlich gibt es am Buchende ein Glossar, doch die schiere Flut an Begriffen, die an manchen Stellen über den Leser hereinbricht, hätte besser verteilt sein können.
Diese Brüche in der Spannungskurve werden noch deutlicher durch teilweise zu lang geratene Beschreibungen von Umgebung und Welt – fast so, als wolle die Autorin zeigen, wie viel sie recherchiert hat. Vielleicht gehören ja solche Abschweifungen zu einem historischen Roman, mg nun der ein oder andere Leser sagen, aber andere Beispiele wie zum Beispiel die ‚Päpstin’ von Donna W. Cross zeigen, dass es auch eleganter geht.
Sprachlich ergibt sich hingegen ein rundes Bild, und auch die damaligen Weltanschauungen sind gut eingearbeitet, die Charakter ausgearbeitet, so dass sich abgesehen von den langatmigen Stellen bis zur Mitte des Buches ein schöner Lesefluss einstellt. Dann jedoch bricht die Autorin plötzlich mit ihrem Stil. Stand bisher nur Anne Katharina im Vordergrund, ihre Perspektive und ihr Wissen als Basis für den Leser, wird nun fast alle paar Seiten zwischen den unterschiedlichsten Personen und ihren Eindrücken, sogar Gedanken, hin und her gesprungen, was den öfter in Verwirrungen stürzt. Auch überschlagen sich immer schneller die Ereignisse, Mord reiht sich an Mord, bis man sich fragt, ob man noch dasselbe Buch der ersten 200 Seiten in den Händen hält.


Fazit

Das Buch ‚Die Tochter des Salzsieders’ bietet insgesamt einen guten Einblick in die damalige Zeit mit ihren Problemen und Standesdünkel, Anschauungen und Lebensart. Darunter leidet insbesondere in der ersten Hälfte die Geschichte, und auch die Protagonistin mit ihren Kämpfen gegen die herrschenden Zustände – schon so oft gesehen – kann da nicht wirklich Abhilfe schaffen. Gegen Ende wird das Buch, insbesondere durch die nun geschaffenen Einblicke in die anderen Personen, zwar etwas unübersichtlicher, aber gewinnt an Fahrt und auch Spannung, die sich in einem sehr überraschenden Ende niederschlägt.
Wer sich für das 16. Jahrhundert interessiert, für den ist dieses Buch sicherlich ein gelungenes Schmankerl, aber auch Leser, die aufgrund einer gut erzählten Kriminalgeschichte über zu viele Details und etwas Langatmigkeit hinwegsehen können, sind hier sicherlich richtig.


Pro und Contra

+ gut gestaltete Charaktere
+ immer wieder überraschend auftauchende Wendungen
+ sehr unerwartete und gelungene Auflösung

- manchmal zu viele Adjektive, Details und Informationen auf einmal
- langatmige Stellen mit einem Mangel an Spannung und Action
- klischeehafte Hauptfigur

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 4/5


Dies ist eine Gastrezension von Nicole - vielen Dank!