Bartimäus - Der Ring des Salomo (Jonathan Stroud)

Verlag: cbj (9. Oktober 2010)
Gebundene Ausgabe: 480 Seiten; 18,99 €
ISBN-13: 978-3570139677

Genre: Fantasy/Humor


Klappentext

„Niederster der Niederen“, sagte Salomo gefährlich leise, „welcher meiner Diener bist du?“
„O Herr, der du ewig leben mögest, ich bin Bartimäus.“ Steinernes Schweigen. „Ich hatte noch nicht das Vergnügen“, fuhr ich hastig fort, „aber ein freundschaftliches Gespräch wäre für uns beide von Vorteil. Darf ich mich vorstellen? Ich bin ein Geist von beträchtlicher Weisheit und Ernsthaftigkeit, der einst mit Gilgamesch sprach und ...“
Salomo hob den Finger, und weil es der Ringfinger war, schluckte ich den Rest des Satzes herunter und bereute die erste Hälfte. Lieber erst mal die Klappe halten. Und sich auf das Schlimmste gefasst machen.

Nach dem grandiosen Welterfolg der Bestseller-Trilogie um den Dschinn Bartimäus lüftet dieser vierte Band nun das Geheimnis - 

Wie alles begann …


Rezension

Vielleicht bin ich übervorsichtig, aber wenn mich in einem leeren Kessel jemand anspricht, bin ich auf der Hut.

Das Jahr 959 v. Chr. König Salomo regiert über Israel. Seinem Volk scheint es gut zu gehen, nur die Nachbarländer haben unter Israel zu leiden, das besonders große Macht inne hat. Denn Salomo besitzt einen ganz besonderen Ring, der ihn mit einer Wesenheit verbindet, deren Macht schier grenzenlos scheint. Infolgedessen haben sich die mächtigsten Zauberer der Welt Salomo angeschlossen, um ihn zu dienen. Natürlich in der Hoffnung, dass der Herrscher irgendwann einen Fehler begeht und seinen Ring verliert, so dass sie selbst dann das Machtvakuum füllen können.
Eine vergebliche Hoffnung. Aber einer seiner Magier ist nicht vorsichtig genug. Ezechiel. Eine Gelegenheit, die sich der Dämon oder besser Dschinn 4. Stufe, Bartimäus nicht entgehen lässt. Er befreit sich von den Fesseln seines Herrn und verspeist diesen kurzer Hand.
Sein Leiden hat damit aber kein Ende. Er wird zur Strafe erneut beschworen und muss im Auftrag seines neuen Herrn für König Salomo einen Tempel errichten. Da dabei so einiges schief läuft, findet er sich kurz darauf mit seinen Leidensgenossen in der Wüste wieder, um Banditen zu jagen und zur Strecke zu bringen. Dort trifft er Asmira, erste Wächterin der Königin von Saba mit dem Auftrag, Israels König zu töten. Fortan verschärft sich die Situation für Bartimäus immer mehr und ehe er sich versieht, wird er von Asmira gezwungen, ihr bei ihrem Auftrag zu helfen und kommt dabei einen Komplott auf die Spur, welches König Salomos Regenschaft bedroht.

Ich habe schon viele Kreaturen abgemurkst, haufenweise. - Insgesamt vier: Drei davon eiskalte und vorsätzlich durchgeführte politische Attentate, eines war ein unglückliches Versehen, bei dem ein bellender Hund, der Spielzeugstreitwagen eines Kindes, ein glitschiger Korridor, eine kurze, steile Rampe und ein Kessel voll kochendem Rinderfett eine gewisse Rolle spielten. Aber um das zu glauben, musste man es gesehen haben.

Bartimäus, „Held“ der Geschichte in den Büchern „Das Amulett von Samarkand“, „Das Auge des Golem“ und „Die Pforte des Magiers“ ist zurück. Erzählte Bartimäus dort seine Erlebnisse mit Nathanael in einem modernen London, welches sich durch die allgegenwärtige Magie, von unserer Welt unterschied, erfährt der Leser in „Der Ring des Salomo“ warum Bartimäus diesen geachteten König stets verehrt hat und so gerne von ihm erzählt. Zumindest zum Teil. Es ist also ein großer Rückblick, der einem präsentiert wird, in der für Jonathan Stroud typischen Art und Weise, mit schwarzen Humor und vielen Fußnoten versehen. Anscheinend hat er sich sogar das Ziel gesetzt, selbst Terry Pratchett in dieser Disziplin zu übertreffen, dermaßen zahlreich sind sie. Das könnte mitunter den Lesefluss hemmen, tut es im Fall von „Der Ring des Salomo“ aber nicht. Im Gegenteil, sie bringen erst so richtig Würze in die Geschichte, da sie meist zu einem lauten Lachen provozieren. Nicht, das das Buch ansonsten eine todernste Angelegenheit wäre. Ein Dauergrinsen zu vermeiden, dürfte jedem schwer fallen, der wenigstens ein bisschen für schwarzen Humor und skurrile Charaktere und Gegebenheiten übrig hat. Gepaart mit dem lockeren Schreibstil von Stroud wird aus „Der Ring der Salomo“ ein Buch, dessen Seiten wie im Flug vergehen.

So komplex die Geschichte in der ursprünglichen Bartimäus Trilogie war, so einfach und geradlinig ist sie in „Der Ring des Salomo“, was dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch tut. Denn, wenn man ehrlich ist, war das Beste an den Bartimäus, der Dämon – Entschuldigung, Dschinn- selbst. Seine Kommentare, die vor Überheblichkeit, gnadenloser Selbstüberschätzung, Sarkasmus und Ironie nur so triefen, sind einfach Unterhaltung und Humor auf höchstem Niveau. Und so darf er sich nur allzu reichlich über andere Dämonen, allen voran seinem alten Rivalen Faquarl, Menschen, diverse Magier, Salomo höchstselbst und fanatische Attentäter auslassen. Dabei kommt naturgemäß nur einer gut weg. Er selbst. 
An seiner Seite findet sich Asmira, Attentäterin, und im Prinzip auch nicht besser dran als Bartimäus. Im Gegensatz zum Dschinn erkennt sie aber nicht ihre Gefangenschaft in den Traditionen ihres Volkes. Von Bartimäus mehr als wahnsinnig denn intelligent angesehen, schafft sie es aber, ihn ein ums andere Mal zu überraschen.

Die Nadeln verflüchtigten sich. Ich betrachtete grimmig meine Wunden. „Cyrine ist anscheinend nicht dein richtiger Name, oder?“
„Ich bin doch nicht bescheuert und gebe meinen richtigen Namen preis – Bartimäus!“
Volltreffer. „Trotzdem“, sagte ich, „als Bestrafung war das erbärmlich.“


Alle weitere Personen, mit Ausnahme von Khaba und seinem Diener Ammet, sind mehr Mittel zum Zweck, um die Geschichte voranzutreiben, aber das stört nicht weiter. Alle haben ausreichend Eigenheiten bekommen, um sie dann doch noch interessant zu gestalten. Das Treffen mit Faquarl ist ein kleines Sahnehäubchen für die Leser der ursprünglichen Trilogie.

An lauen Abenden gingen wir immer zum Baikalsee runter. Wir hatten einen Korb mit plattgeklopften Eichhörnchen dabei, die wir übers Wasser springen ließen. Mein persönlicher Rekord lag bei acht Sprüngen, sieben Fiepsern.

Man merkt dem Buch an, dass Jonathan Stroud einfach Lust hatte Bartimäus einen weiteren Besuch abzustatten. Geschichte und Charaktere waren dabei zweitrangig, viel wichtiger war das Wiedersehen eines alten Freundes. Auch für den Leser. Geschichte und Charaktere funktionieren genug, um Bartimäus´ Sarkasmus und Witz genießen zu können. Hoffentlich sieht man den Dschinn bald wieder. Vielleicht dann erneut in einer etwas ausgefeilteren Geschichte, auch wenn dies nicht unbedingt nötig ist, solange Bartimäus sein loses Mundwerk behält.


Fazit

Bartimäus wie er leibt und lebt. Die Geschichte mag zwar nicht unbedingt überraschen oder äußerst komplex sein, aber es ist immer wieder ein Vergnügen, ihm bei seiner „Arbeit“ zu zusehen. Dieser Dschinn wird hoffentlich noch lange nicht verstummen.


Pro & Contra

+ Bartimäus
+ schwarzer Humor, Sarkasmus und Witz
+ Atmosphäre von tausendundeiner Nacht

0 die Geschichte ist relativ einfach ausgefallen

Bewertung:

Charaktere: 4/5
Handlung: 3,5/5
Humor: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Jonathan Stroud:

Rezension zu Bartimäus - Das Amulett von Samarkand - Graphic Novel