Der Orksammler (Jens Lossau / Jens Schumacher)

Egmont Lyx (Oktober 2010)
kartoniert, Klappbroschur
Seiten: 317, 9,95 EUR [D]
ISBN: 978-3-8025-8258-5

Genre: Fantasy(-Thriller)


Klappentext

Nacht für Nacht verschwinden Soldaten aus einem Heerlager in der abgelegenen Steinwüste von Torr. Bei den Vermissten handelt es sich immer um Orks, und ihre Leichen tauchen später wieder auf – mit herausgerissenem Herzen. Ein Fall für Meister Hippolit und Jorge den Troll! Die beiden Ermittler verfolgen die Fährte des rätselhaften Mörders in die berüchtigte Grabstadt Torrlem. Hier, zwischen Millionen von Leichen, stoßen sie auf ein grauenhaftes Geheimnis …


Rezension

Jens Lossau und Jens Schumacher arbeiten einmal mehr gemeinsam. Während sich der eine auf Thriller und der andere auf Kinder- und Jugendbücher zu konzentrieren begann, bastelten sie immer wieder an gemeinschaftlichen Projekten und präsentieren nun, nach dem Erfolg ihres originellen IAIT-Ermittlerteams Jorge und Hippolit, den zweiten Band ihrer phantastischen Thriller-Reihe.

>> Die nächsten vier Stunden verbrachte Jorg an der durchsichtigen Quarzglastheke im Bauch einer fliegenden Holzkapsel, wo er seine Panikattacken damit bekämpfte, Bier zu trinken und willkürlich ausgewählten Fluggästen von seinem verflucht geheimen Auftrag zu erzählen. <<

Orks sterben in den abgelegenen Steinwüsten von Torr. Etwas abseits von Torrlem, der Heimat unzähliger Totengräber, werden sie mit herausgerissenem Herzen gefunden. Vieles deutet vorerst auf thaumaturgiesche Verbrechen hin, doch nach und nach verbreitet sich das Gerücht von einem wild gewordenen Tier. Einem Sammler. Einen, der gekommen ist um sich unachtsame Orks zu holen und sie in dunkle Untiefen zu ziehen. Für Heister Hippolit und Jorge den Troll steht bald fest: Nur ein Besuch der unterirdischen Leichenkammern von Torrlem kann ihnen Aufschluss geben. Doch nicht alle der eifrigen Totengräber haben Interesse an der Auflösung ihres Falles ...

Wie spannend und witzig Fantasy noch sein kann haben Jens Lossau und Jens Schumacher im April 2010 mit ihrem Reihenauftakt Der Elbenschlächter bravourös bewiesen. Sie vermengten Komik mit den gängigen Klischees des Genres und einer guten Portion Absurdität. Eine, die allen anfänglichen Vorbehalten zum Trotz zu bestechen verstand. Mit Der Okrsammler knüpfen sie nun direkt an diese Stärken an. Jorge der Erwischer besticht immer noch mit seinem stupiden Witz und Meister Hippolit, der nun langsam in die Pubertät zu kommen scheint, weiß durch die Unstimmigkeiten seines Körpers ebenso zu unterhalten. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem Orksammler, dessen Fährte sie direkt nach Torrlem und in unterirdische Katakomben führt. Hierbei bringt ausgerechnet die farblose Stadt der Totengräber frischen Wind. Denn so lebendig und vielseitig Nophelet war, so trist und rau ist Torrlem; eine Stadt in der der Tod wortwörtlich zum Himmel stinkt.

Wer hier lebt, der hat den Dreck nicht nur am Stecken sondern in jeder Phase seines Körpers, wie beide Ermittler bald bemerken müssen. Lossau und Schumacher beweisen wieder viel Phantasie bei ihren Erschaffungen und malen die Umgebung, genau wie die Charaktere, wunderbar aus. Und auch die Nebencharaktere können sich wieder sehen lassen, wobei man doch leidlich feststellen muss, das kein wirklicher Gegenspieler jemals den ihm verdienten Platz bekommt. Dafür ist das Abenteuer, das doch wieder linear aufgerollt wird, einfach zu kurz und kraftlos. Mehr wäre möglich gewesen, besonders wenn man das Potenzial dieser Reihe bedenkt, die sich in diesem Band noch zu sehr am Erfolgsrezept ihres Auftakts orientiert. Die Handlung wirkt dadurch leider wie eine Kopie, deren Eckpunkte ausgetauscht wurden, und kann daher, eben weil schon dagewesen, nur mäßig überzeugen.

Trotz dieser kleinen Enttäuschung, die für Einsteiger nicht gegeben ist, ist das Lesen erneut ein Ausflug in eine farbenfrohe, lustige und vor allem unterhaltsame Welt. Die Stunden und Seiten vergehen durch den gebotenen Wortwitz und die immer wieder aufkeimende Spannung, die den Leser auch am (leider etwas vorhersehbaren) Ende dieses Bandes erneut nach mehr gieren lässt. Wer komisch angehauchte Fantasy liebt, wird mit Lossau und Schumacher sehr zufrieden sein, sich aber – sofern vom Leser tatsächlich ein Thriller erwartet wurde – erneut der Tatsache gegenüber sehen, dass man die Genre-Bezeichnung des Verlages leider nur missverstehen kann.


Fazit

Raffinierter als Holmes & Watson, schlagkräftiger als Spencer & Hill und abgedrehter als Clever & Smart sind Jorge der Troll und Meister Hippolit immer noch nicht, dennoch sind sie ein zweites, hoffentlich drittes und viertes Buch immer noch mehr als wert. Potenzielle Leser werden sich wunderbar unterhalten fühlen und dürfen sich über leichten und schnelllebigen Lesestoff freuen.


Pro und Kontra

+ schön ausgemalte Fantasy-Welt
+ unterhaltsame Charaktere
+ Witz & Situationskomik
+ auch ohne Vorwissen zu lesen
+ ein echter Pageturner
+ leicht leserlicher, angenehmer Stil
+ tolles & in sich stimmiges Gesamtpaket
+ würdige Fortsetzung & wunderbare Zwischenmahlzeit

o nicht immer jugendfrei
o moderne Magie & Technik

- kein Thriller, wie angekündigt
- etwas vorhersehbar

Bewertung:

Handlung: 3 / 5
Charaktere: 4,5 / 5
Lesespaß: 4 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5


Rezension zu "Der Elbenschlächter