Sturmklänge (Brandon Sanderson)

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Aus dem Englischen von Michael Siefener
DEUTSCHE ERSTAUSGABE
Paperback, 768 Seiten,
ISBN: 978-3-453-52713-3
€ 16,00 [D] | € 16,50 [A]

Genre: Fantasy


Klappentext

In Hallandren, dem Reich des unsterblichen Gottkönigs, kehren die gefallenen Helden als Götter zurück. Ausgestattet mit den magischen Kräften der Farben und der Lebenshauche der Menschen, herrschen sie über das Land. Die junge Prinzessin Siri wird mit dem Gottkönig vermählt und lernt nun die fremdartige Welt der Unsterblichen kennen. Dabei stößt sie schon bald auf ein dunkles Geheimnis – denn einer der Götter hat ganz eigene, tödliche Pläne ...


Rezension

Längst schon ist Brandon Sanderson als einer der kreativsten Autoren des Fantasy-Genres bekannt. Er debütierte mit seinem außergewöhnlichen Überraschungserfolg Elantris, begeisterte wenig später mit Alcatraz und etablierte sich gänzlich durch seinen Trilogieauftakt Kinder des Nebels, der mit Herrscher des Lichts unlängst einen krönenden Abschluss fand. Sturmklänge, sein neuestes Machwerk, entführt als Einzelroman nun einmal mehr in eine Welt voller Farben und wild wuchernden Ideen.

>> Rot über Rot, so feine Abstufungen, dass der Maler mindestens die Erste Erhebung erreicht haben musste. Grausames Rot, das in Wellen gegeneinanderschlug – Wellen, die nur undeutlich an menschliche Gestalten erinnerten, aber irgendwie den Eindruck kämpfender Armeen viel besser übermittelten, als es jedes realistische Gemälde hätte tun können. <<

Hallandren und Idris stehen vor der Schwelle des Krieges. Siri, die lebhafte Prinzessin von Idris wird ausgesandt, um als Bauernopfer das Schlimmste hinaus zu zögern, doch am Hof des Feindes angekommen und als Braut des Gottkönigs erwählt, begegnet man ihr distanziert. Alles wirkt für die junge Frau fremd und feindselig. Als sie schließlich gezwungen wird die Gemächer ihres Gemahls zu betreten, um ihn zu verführen, bricht für Siri eine Welt zusammen. Eine die jedoch bald wieder völlig und unvorbereitet an Farbe gewinnt. Denn in Hallandren, der Stadt der zurückgekehrten Götter, ist nichts so wie es scheint.

Vivenna, Siris Schwester, arbeitet derweilen an Siris Befreiung und verirrt sich wenig später in ihrem Hass auf Hallandren und ihren eigenen Vorstellungen von sich und ihrer Nützlichkeit. Sie versucht immer weiter die militärische Stärke der feindlichen Armee zu untergraben, bemerkt jedoch nicht, dass ihre Wege sie direkt aufs Glatteis führen. Eines, das brechen kann und Vivenna bald darauf in eine Position bringt, in der sie jedem Menschen, auch ihren angeblichen Freunden, misstrauen muss ...

In Hallandren wird der Alltag von Farben beherrscht. Nuancen, die für manche unsichtbar, für andere jedoch wertvoll und überlebenswichtig sind. Es ist eine Stadt voller Geheimnisse, voller Freizügigkeit und Komfort. Zumindest für die in den Palästen lebenden Götter. Sie fristen ihr Dasein ständig umringt von Dienern und Priestern, die den Glauben ihrer Gefolgschaft leiten. Ein Glaube, der verlangt, dass ein Gott sein Leben, seinen Hauch, opfert, um etwas Gutes bzw. Göttliches zu tun. Bedenkt man diesen Hintergrund und die vorangegangenen Werke des Autors so ist man kaum überrascht, denn bisher waren beinahe alle seine Werke mit religiösen Inhalten geschmückt. Nachdem geneigte Leser in der Mistborn-Trilogie über die Entstehungen einer Glaubensgesellschaft und deren mögliche Vielfältigkeit lesen durften, erlebt man in Sturmklänge nun wie es sein kann, wenn Götter nicht unsichtbar, sondern real und damit greifbar für ihre Gläubigen sind. Brandon Sanderson schildert hierbei gut und gewählt die verschiedenen Auswüchse dieser Kultur, deren innere Logik man nicht sofort durchblicken kann. Stattdessen bildet sich ein Geflecht aus Fragen, das den Leser im positiven Sinn zu verwirren versteht. Wie kann ein solcher Gottstaat, fernab der Realität seiner Gläubigen überleben? Warum benötigen die Götter Hauche (menschliche Seelen), um am Leben zu bleiben und wie passt die Aufgabe ihres eigenen Lebens, das genau so enden soll wie das Sterblicher, in das allumfassende Bild?

Diese Fragen werden Schritt für Schritt beantwortet und dabei wird sich Zeit gelassen. Eine Vorgehensweise die sich bei anderen Romanen bezahlt gemacht hat, hier jedoch leider fehlplatziert wirkt. Denn mögen die Charaktere auch noch so bemerkenswert (vielschichtig und unterschiedlich), der Hintergrund noch so bestechend (umfang- und abwechslungsreich) sein, so schreitet die Handlung etwas zu langsam voran. In der Zwischenzeit lernt der Leser Siri und ihre Schwester Vivenna, beide aus Idris, näher kennen. Ein Land, das von der Gegenpartei als rebellisches Grenzgebiet bezeichnet wird und auf Frieden durch die Vermählung von Siri und dem Gottkönig hofft. Ein Frieden der trügerisch ist, wie Siris Schwester Vivenna weiß, die wenig später auf den Straßen Hallandren für das Überleben ihres Volkes kämpft. Beide Handlungsstränge sind interessant, doch prägen darüber hinaus noch anderen Charaktere den weiteren Verlauf. So stehen zum Beispiel die Götter Lichtsang und Schamweberin, der Gottkönig selbst, aber auch Söldner und scheinbar undurchsichtige Kämpfer abwechselnd im Vordergrund. Eine Abwechslung, die viel Platz einnimmt. Immer wieder wechselt der Leser von Charakter zu Charakter, lernt die Problematik aus verschiedenen Standpunkten kennen, nur um sich schlussendlich am Ende gänzlich übers Ohr hauen zu lassen. Denn anders als erwartet hält Brandon Sanderson zum Ende hin nicht nur ein paar, sondern jede Menge Überraschungen und Wendungen bereit. Die Lesegeschwindigkeit verdoppelt sich und die Spannung steigt. Fans die sich jedoch die gleiche Qualität erwarten, die die Trilogie zu bieten wusste, werden geringfügig enttäuscht sein und zum Teil einsehen müssen, dass Brandon Sanderson kreative Ideen noch besser in längeren Geschichten zur Geltung kommen. Nichts desto trotz beiblt Sturmklänge bemerkenswert.

Stilisch hat sich im Vergleich zu früheren Werken nichts verändert. Immer noch ist alles ebenso leicht, erfrischend, manchmal auch schlicht zu lesen, wie der Inhalt lebendig gestaltet ist. Die Charaktere bestechen, allem voran Siri. Ihre wachsende Liebe zum Gottkönig gibt dem Ganzen etwas Unschuldiges und bietet einen wunderbaren Ersatz zu den Intrigen, die das Umfeld der Götter bestimmen. Ein Umfeld das zu jederzeit gut beleuchtet wird und Platz für eigene Vorstellungen lässt. Brandon Sandeson hat sich wieder einmal viel Mühe gegeben und zeigt auch mit diesem Werk einmal mehr, wie viel Raum die Fantasy für eigene, zum Teil auch neue Ideen zu bieten hat. Schlussendlich gilt es für Siri, ihre Schwester, den einzigartigen Lichtsang, Varscher und so man anderen Gefährten einen Krieg zu verhindern, den in Wahrheit nur wenige wollen. Dennoch eine große Aufgabe, wieder ein bisschen episch und zum Ende hin so ausgelegt, dass sich auch noch eine Fortsetzung erhoffen lässt. Potenzial wäre reichlich vorhanden. Bis es jedoch vielleicht soweit ist, können sich Fans, und solche die es noch werden wollen, auf den Auftakt einer neuen Reihe freuen.


Fazit

Sturmklänge ist wie erwartet ein wunderbarer Roman. Er ist phantastisch, beheimatet tolle, innovative Ideen und kann mit bemerkenswerten Nebencharakteren ebenso punkten wie mit den schlussendlichen Wendungen. Leser die sich über ein losgelöstes Fantasy Abenteuer freuen, voller Magie (die wieder einmal einzigartig ist) und etwas Geduld mit sich bringen sind hier mehr als richtig und werden das Lesen in keinem Fall bereuen.


Pro und Kontra

+ zum Ende hin tolle Wendungen
+ ausgeklügeltes Magie-System
+ innovativ & tiefgründig
+ wunderbare Charaktere
+ intelligente Fantasy
+ gute theologische Ideen

o am Ende bleibt Hoffnung auf mehr

- Handlungsaufbau nicht völlig geglückt
- verschenktes, ungenutzte Potenzial
- zu wenig gehaltvoll und trotzdem zu kurz

Bewertung: alt

Handlung: 4 / 5
Charaktere: 4 / 5
Lesespaß: 4 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5


Interview mit Brandon Sanderson (deutsch / englisch)

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