The American (Martin Booth)

rororo (September 2010)
400 Seiten, 9,95 €
ISBN: 978-3-499-25515-1

Genre: Kriminalroman


Klappentext

Man nennt ihn Signor Farfalla, den Schmetterlingsmaler. Jeder in dem kleinen italienischen Städtchen kennt den älteren ausländischen Herrn mit den tadellosen Manieren. Er trinkt mit dem Priester Wein im Pfarrhausgarten, geht in den Bergen wandern, verliebt sich im Bordell – und baut Geheime Waffen. Waffen für Berufskiller. Er ist der Beste seines Faches, weltweit. Nun will Signor Farfalla einen letzten Auftrag erledigen und sich danach zur Ruhe setzen. Doch wer von einem unsichtbaren Gegner beschatten wird, dem ist Ruhe nicht vergönnt.


Rezension

Martin Booth, geboren 1944 in Lancashire, war ein renommierter britischer Romancier, Kinderbuchautor und Lyriker, der vor sechs Jahren einem Krebsleiden erlag. Er konnte leider nicht mehr miterleben, wie sein Kriminalroman The American (Original: A Very Private Gentelman) durch den Filmregisseur Anton Corbijn im Jahr 2010 weltweite Beachtung fand.

>> Mein Job ist, den Tod als Geschenk zu verpacken. Ich bin der Handlungsreisende des Todes, der Vermittler, der den Tod ebenso leicht ins Dasein rufen kann, wie ein Jahrmarktsmagier eine Taube aus einem Taschentuch zaubert. Ich verursache ihn nicht. Ich sorge lediglich für seine ordnungsgemäße Lieferung. <<

Signor Farfalla ist ein Waffenschmied ganz besonderer Art. Er entwirft und baut Mordwerkzeuge die es in sich haben. Als bester Mann dieses Gewerbes hat er sich längst einen gewissen Ruf verdient, dennoch aber will der Einzelgänger Signor Farfalla sich beim Anblick seines neuen Heims langsam aber sicher zur Ruhe setzten. Ein anonymes, italienisches Bergdorf scheint dafür wie geschaffen zu sein. Ein letzter Auftrag, eine letzte Hilfestellung fürs Schicksal - dann endlich Frieden. Doch so sehr Signor Farfalla dachte, alle Pleiten und Pannen vorhersehen zu können, so muss er bald erkennen, dass nicht nur er verborgene Fäden zieht.

George Clooney ziert ein schlichtes, doch elegantes Cover. Laufend; eine Waffe in der Hand und mit ernstem Gesichtsausdruck unterstreicht er das vom Verlag angekündigte Genre: Kriminalroman. „Der Tod ist eine Kunst“, teilt der Buchrücken dem interessierten Leser mit. Das Zitat der Seattle Times lässt die restlichen Zweifel am Potenzial des Romans fallen: „Ein psychologischer Spannungsroman, randvoll mit Leben und Tod.“ Klingt interessant. Kritische Augen, die blätternd nach einer berauschenden Leseerfahrung suchen, werden jedoch so manches zu bemängeln finden. Denn für einen angeblich spannungsgeladenen Kriminalroman ist The American schlicht zu ruhig, malerisch und besinnlich gestaltet. Stattdessen mutet jedes Details, das Martin Booth den Leser zu bieten versteht, wie eine Liebeserklärung an Italien an. An die wunderbaren Berge, die ehrlichen Weinliebhaber, die engen Gassen und natürlich die Cafes, die mit den typischen Köstlichkeiten locken. Italien fürs Herz, für Liebhaber und solche die es werden wollen. So wie Signor Farfalla, der sich selten in seinem Leben an einem Ort je so wohl gefühlt hat. Und er hat viele Orte besucht, viele die er dem Leser verschweigt. Er will ihn nicht mit zu vielen Informationen belasten. Will nicht Gefahr laufen, gefunden zu werden. In diesem Punkt hat der Autor, entgegen der Spannungskurve, absolut ins Schwarze getroffen. Singor Farfalla, oder Edmund, wie es sich von engeren Freunden nennen lässt (obwohl auch das nicht sein richtiger Name ist), sprüht praktisch vor Anti-Helden-Charme. Er ist ein Zyniker, der mit vielen Dingen zu erschüttern wagt. Sein Misstrauen macht selbst vor dem Leser nicht halt und diese Tatsache weiß, erzählt durch die Ich-Perspektive, immer wieder herzlich zu amüsieren.

Weniger amüsant und bestechend ist allerdings, dass die eigentliche Handlung, die man sich erwartet hat, zu jederzeit von wildwuchernden (manchmal unnötig wirkenden) Details dominiert wird. Es scheint dem Autor zu keiner Zeit wirklich am Herzen gelegen zu seinen, seinen Leser etwas Action zu bieten, oder gar unerschütterliche (vielleicht auch banale) Spannung. Im Gegenteil. Martin Booth hat sich auf anspruchsvolles Schilder konzentriert. Etwas, dass es dem Leser zu Beginn sehr erschwert ihm folgen zu können. Sobald man sich jedoch eingelesen hat, genießt man gewisse Andeutungen und kann herzlich über Signor Farfalla lachen, mit ihm leiden in seiner Emotionslosigkeit und seinem Irrgarten, den er zu beherrschen glaubt. Spannend wird es erst zum Schluss, wenn das ausführlich geschilderte Treiben im Dorf in den Hintergrund rückt und es daran geht zu erkunden, wer den inzwischen doch liebgewonnenen Farfalla ans Bein pinkeln will. Ein Rätsel das bald (nach einem doch wilden Schusswechsel) gelöst ist und schon steht man am Ende. Am Ende eines sprachlich herausragenden Romans, der doch teilweise zu quälen wusste in seiner Hartnäckigkeit, dem Leser das so vergötterte Italien ans Herz wachsen zu lassen. Dennoch aber mit Erfolg.

„Aber Leben und Tod gehorchen keinem Drehbuch.“ (Seite 132)


Fazit

Martin Booth stellt mit The American einen Mann und ein Dorf in den Mittelpunkt, dass es quasi dreihundert Seiten lang zu analysieren und zu erkunden gilt. Die wunderbaren Beschreibungen die das ermöglichen verzaubern zum Teil, können aber den Makel an mangelnder Handlung nicht wirklich verblassen lassen. Für besinnliche Leser, die weniger Wert auf Action legen und es lieben sprachlich verführt zu werden ist dieser Roman fast schon ein Muss. Wer allerdings wirklich einen Krimi sucht, sollte sein Augenmerk auf anderen Lesestoff richten.


Pro und Kontra

+ psychologisch sehr tiefgründig
+ authentisch & stimmungsvoll
+ lesenswerte Haupt- und Nebencharaktere
+ zum Ende hin sehr spannend
+ aberwitziger, ernster Zynismus
+ intensivere, wunderbare Sprache
+ literarische Feinreise nach Italien

- wenig spannend
- Titeländerung
- kein Krimi
- Nebencharaktere werden nie wirklich ausgeleuchtet
durch Signor Farfallas misstrauische Art

Bewertung:

Handlung: 3 / 5
Charakter(e): 4 / 5
Lesespaß: 4 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5