Liebe LeserInnen,
die wohl besinnlichste Zeit des Jahres ist angebrochen – seit Monaten finden wir schon diverse Weihnachtsleckereien in den Geschäften, die Kälte hat das Land inzwischen fest im Griff, in jeder Stadt werden Weihnachtsbäume aufgestellt und die Weihnachtsmärkte gut besucht. Und morgen ist schon der erste Advent. Die Literatopia-Redaktion hat auch in diesem Jahr wieder fleißig gesammelt, um eine inzwischen liebgewonnene Tradition fortzusetzen und euch für den Gabentisch eurer bibliophilen Lieben (oder auch den eigenen) ein paar literarische Geschenktipps zu liefern.
Almut
Einer der beliebtesten Autoren auf unserem Planeten ist Stephen King. Ob er ein guter Schriftsteller ist, darüber gibt es Auseinandersetzungen, spätestens seit seine Titel zu den Megasellern gehören. Er selbst hat ein nach wie vor sehr gelassenes Verhältnis zu dieser Diskussion, dürfte sich aber freuen, im Jahr 2003 mit dem National Book Award für sein Lebenswerk geehrt worden und mittlerweile Gegenstand literaturwissenschaftlicher Behandlung zu sein. Unabhängig davon, wie man zu dem Mann und seinem Werk steht, lässt sich aber kaum von der Hand weisen, dass er in seinen besten Momenten ein exquisiter Geschichtenerzähler ist. Mit "Mr. Mercedes" hat Stephen King einen Polizei-Thriller geschrieben, in dem er sich in keinem Moment in der Sphäre des Übernatürlichen bewegt. Der Protagonist, ein pensionierter Cop, und sein Antagonist, ein Massenmörder und Muttersöhnchen der besonderen Art, bekämpfen einander in einem Wettlauf gegen die Zeit. Ein nachvollziehbares Szenario, gute Charakterbeschreibungen, dynamische Dialoge und gelegentliche Weitschweifigkeit bestimmen Mr. Mercedes, der zu den guten Büchern Stephen Kings gehört.
Mein zweiter Geschenkvorschlag ist ein Buch von Håkan Nesser, der oft genug in sehr enger Auffassung als Krimi-Autor vermarktet und – weitgehend auch - rezipiert wird. Dabei ist Nesser ein Schriftsteller, der das Sujet des Krimis benutzt und im Regelfall intelligent konstruierte Geschichten erzählt, in denen er sich mit philosophischen Themen auseinandersetzt. In "Himmel über London" breitet er vordergründig eine düstere Spionagegeschichte zur Zeit des Kalten Krieges aus. Auf einer weiteren Ebene entwickelt er eine tiefgründige Betrachtung über die Grenze zwischen Fiktion und Wahrheit, die menschliche Wahrnehmung und das menschliche Bewusstsein. Nesser überrascht die Leser durch einen unerwarteten Kurswechsel ins Surreale. In der Verbindung beider Ebenen nähert er sich Paul Austers Mann im Dunkel an. Befreit man sich davon, den Roman als Krimi lesen zu wollen, erlebt man ein gut durchdachtes Konstrukt, in dem es um die dünne Wand zwischen Wahrheit und Fiktion geht, die Bedeutung von Literatur, das Spielen von Rollen und Erzählen von Geschichten.
Markus
Der Beginn des 1.Weltkrieg jährt sich dieses Jahr zum hundertsten Mal. Zu diesem Anlass gab es viele Dokumentation im Fernsehen und geradezu eine Flut von Veröffentlichungen im Bereich der Literatur. Der Großteil davon waren Sachbücher. Allerdings können diese das Grauen eines Krieges nicht immer fassbar machen. "Mutter Krieg" hingegen kann es. Die Graphic Novel von Mael und Kris führt in aller Konsequenz die Grausamkeit des Krieges vor Augen und konzentriert sich dabei nicht einmal auf die Kampfhandlungen, sondern folgt einem Kommissar bei seinen Mordermittlungen. Denn drei Frauen wurden grausam getötet und der Täter ist vermutlich unter den Soldaten einer ganz bestimmten Einheit zu finden. Die Autoren gewähren dabei tiefe Einblicke in die Psyche und die Seelen der Männer, die in einem Krieg kämpfen, den sie schon bald nach Beginn nicht mehr führen wollen. Wer sich für das Thema interessiert oder jemanden kennt, der das tut, sollte unbedingt zu Mutter Krieg greifen. Selten ist eine Geschichte so eindringlich.
"Schandmäulchens Abenteuer" ist hingegen etwas für alle Jungen und Junggebliebenen. Die Band Schandmaul legt hiermit ihr erstes Album mit Kinderliedern vor. Damit aber nicht genug. Mit der Lieder-CD kommt ebenso eine Hörspiel-CD und in der Deluxe-Version ein großformatiges Buch mit dessen Hilfe die Geschichte über den kleinen Narren Nick mitgelesen und immer wieder neu erlebt werden kann. Illustriert wurde die spannende und lustige Geschichte von Susanne Smajic, die wirklich schöne und fantasievolle Bilder geschaffen hat. Das Buch ist dabei nicht einfach nur eine Zugabe, sondern auf wirklich hochwertigem Papier gedruckt und mit viel Herzblut erstellt. Die Abenteuer des kleinen Narren Nick machen gute Laune und sind genauso farbenfroh geschrieben, wie gezeichnet. Somit garantieren Buch und CDs mehrere schöne Stunden und vertreiben die Langeweile. Schandmäulchens Abenteuer dürften neben Kindern jeden fesseln, der im Herzen noch ein klein wenig junggeblieben ist und ist somit für alle ein tolles Weihnachtsgeschenk.
Patricia
Schon in seinem ersten Buch Hysterie des Körpers, in dem Joey Kelly berichtet, wie er Deutschland von Nord nach Süd zu Fuß durchquert, konnte er überzeugen. Jetzt hat es ihn nach Amerika verschlagen, wo er von Los Angeles nach New York pilgern möchte - ohne Geld. Mit verschiedenen Transportmitteln macht er sich auf den weiten Weg, schläft nur draußen und erarbeitet sich sein Essen. Natürlich trifft er eine Menge Menschen und erzählt nebenbei noch aus seinem Extremsportlerleben und seiner Zeit als Musiker. Ich habe mit ihm gelitten und mitgefiebert, eine Menge über Extremsport gelernt und endlich mal wieder ein Buch gehabt, bei dem die Seiten nur so dahin geflogen sind. Ein außergewöhnlicher Mann mit einer außergewöhnlichen Idee, das ist Joey Kellys "America for sale".
Zwar schon etwas älter und gebunden auch nur noch gebraucht erhältlich - aber gnadenlos gut. "Ozzy, die Biographie" eines weiteren außergewöhnlichen Mannes. Eigentlich mochte ich ihn gar nicht und auch mit seiner Musik konnte ich noch nie viel anfangen, aber schon nach den ersten Seiten war ich gefangen - von seiner schonungslosen Offenheit und der Selbstironie, die aus jedem seiner Sätze hervor schimmert. Ozzy Osbourne erzählt vieles, manches wäre auch besser ungesagt geblieben, aber seine Geschichten sind so aberwitzig, dass sie schon wieder außerordentlich gut sind. Mittlerweile geläutert entschuldigt er sich bei allen - auch bei den Hühnern.
Unermüdlich schreibt Michelle Raven ein Buch nach dem anderen - mit ihrer neuen Serie Crossroads trifft sie diesmal mit dem ersten Band "Ohne Gnade" mitten ins Abenteurerherz. Ein verzweifelter Vater auf der Suche nach seiner Tochter, seine einzige Hilfe - ein Hund, der als Mantrailer darauf abgerichtet ist, Gerüche aufzunehmen und ihnen zu folgen. Was er und die Hundeführerin auf ihrem gefährlichen Weg alles erleben ist wieder einmal hervorragend versetzt mit Gefahr, Wagnis, Humor und einem Schuss prickelnder Erotik. Der Auftakt zu einer neuen Serie, die uns mit Sicherheit wieder viel Freude bereiten wird.
Das war der erste Teil unserer Geschenktipps aus dem Jahr 2014 – an den kommenden Adventssamstagen werden wir euch weitere Spitzentitel, aber auch Geheimtipps präsentieren, die sich prima unter dem Weihnachtsbaum machen würden. Vielleicht war ja schon was für eure Geschenkeplanung dabei. Falls nicht, laden auch die Tipps der letzten Jahre noch zum Stöbern ein.
Einen wunderbaren ersten Advent wünscht euch
euer Literatopia-Team
Geschenktipps 2010: ~*~*~ Teil 1 ~*~*~ Teil 2 ~*~*~ Teil 3 ~*~*~
Geschenktipps 2011: ~*~*~ Teil 1 ~*~*~ Teil 2 ~*~*~ Teil 3 ~*~*~ Teil 4 ~*~*~
Geschenktipps 2012: ~*~*~ Teil 1 ~*~*~ Teil 2 ~*~*~ Teil 3 ~*~*~ Teil 4 ~*~*~
Geschenktipps 2013: ~*~*~ Teil 1 ~*~*~ Teil 2 ~*~*~ Teil 3 ~*~*~ Teil 4 ~*~*~